oder besser: vor aller Munde ist in diesen Tagen der Mundschutz oder die Maske. In Österreich gilt ab dieser Woche gar eine Maskenpflicht für Supermärkte. Jena zieht mit und fordert seine BürgerInnen ab nächster Woche zum Tragen von Masken in Supermärkten, dem öffentlichen Nahverkehr und öffentlichen Gebäuden auf.
Mundschutz für die, die ihn für die Ausübung ihres Berufes brauchen, sowie für die, die sich krank fühlen, steht nicht zur Debatte. Es geht hier um Sinn und Ziel einer allgemeinen Maskenpflicht in bestimmten Bereichen des öffentlichen Raumes.
Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich mag diese Masken nicht. Sie erinnern mich unweigerlich an Zahnarztpraxen, und dort habe ich für mein Empfinden schon viel zuviel Zeit verbracht. Außerdem verhindern sie – nach Kontaktverbot und Abstandsgebot – ein weiteres Stück an menschlicher Nähe : Das Lächeln! Einkaufen ist unter den gegebenen Bedingungen schon ein sehr ernste Sache geworden. Wenn dann noch alle hinter Masken versteckt sind, wird es sich anfühlen wie im Hochsicherheitslabor. Soviel zu meiner persönlichen Befindlichkeit.
Die objektiven Gründe für oder gegen ein allgemeines Maskentragen sind da weniger eindeutig. Der SWR hat dem Thema gestern gefühlt den ganzen Tag gewidmet und die Hörerinnen und Hörer haben sich fleißig eingebracht. Schlauer wurde man dabei allerdings nicht. Für beide Meinungen gab es so viele Begründungen wie VerfechterInnen.
Könnte es sein, dass wir uns tendenziell nach der Maßgabe richten, die am besten zu uns, unseren Ängsten und Befürchtungen passt? Hören wir nur da aufmerksam hin, wo unsere diffuse Ansicht bestätigt wird? Ganz offensichtlich ist das so. Genau nach diesem Prinzip funktionieren die Algorhythmen, die uns immer die Produkte und Meinungen anbieten, die in unser sorgsam ermitteltes Profil passen.
Insofern habe ich Herrn Schmidt-Chanasit (Virologe am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin) in den gestrigen Tagesthemen mit großer Erleichterung zugehört. Er hat ungewöhnlich vehement zum Ausdruck gebracht, warum er gar nichts von einer allgemeinen Maskenpflicht hält (ab Minute 4:40 auf https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tt-7421.html.). Und auch die WHO ist mir seit dem Statement zum Gebrauch von Mundschutz richtig ans Herz gewachsen:
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus keinen Nutzen im allgemeinen Mundschutztragen. Es gebe keinerlei Anzeichen dafür, dass damit etwas gewonnen wäre, sagte der WHO-Nothilfedirektor Michael Ryan am Montag in Genf. Vielmehr gebe es zusätzliche Risiken, wenn Menschen die Masken falsch abnehmen und sich dabei womöglich infizieren.
https://www.wz.de/panorama/corona-krise-maskenpflicht-in-jena-geplant_aid-49835805
Gute Gründe für mich, weiter ohne Maske aber mit etwas besserem Gewissen unterwegs zu sein und hier und da ein Lächeln zu verschenken (solange ich noch darf).
4 Antworten auf „In aller Munde“
Sehr gutes Thema.
Mundschutz ja oder nein.
Sinnvoll oder Unsinn. Das wird sich wohl erst später rausstellen.
Ich glaube nicht, dass es viele gibt die einen Mundschutz aus Solidarität tragen, um Andere zu schützen. Ich hab aber Verständnis für die, die Masken tragen aus Angst.( einfache Masken ohne Filter oder selbstgenäht). Das kann ich verstehen . Ich brauch es nicht.
Aber ich falle vom Glauben ab, wenn ich Mitbürger sehe die mit FFP Masken einkaufen gehen und in Arztpraxen und Pflegeheime fehlen sie an allen Ecken und Enden.
Das ist für mich schäbig.
Auf jeden Fall. Die Masken werden dringend benötigt.
Hallo,
cooler Blog. Und da man ja auch im Home Office viel Zeit hat (Home Office ist nichts für mich. Wäre eigentlich auch ein Blog wert ) antworte ich dir. Hauptsache sich ablenken lassen.
Grundsätzlich kann ich deinen Gedanken zustimmen. Es ist schon schaurig, dass alle Menschen Ihre Mimik „verlieren“ und man kein Gefühl mehr dafür hat wie jemand „drauf“ ist. Und wer geht schon gern zum Zahnarzt
Ich für meinen Teil sehe dies allerdings ein klein bisschen anders.
Dies liegt aber auch daran, dass ich denke, dass die Grundannahme, von denen viele die darüber diskutieren ausgehen, nicht ganz richtig ist. Der Ansatz und normalerweise der Grundgedanke eines Mundschutzes, ist sich vor herumfliegenden Partikeln zu schützen. Bis zu einer gewissen Größe funktioniert dies gut und deshalb lässt sich trefflich diskutieren ob dies ein Mundschutz bei einer Tröpfcheninfektion wirkungsvoll tun kann. Die Tröpfchen sind eben nicht allzu groß 😉
Also, ich will mich mit einem Mundschutz schützen ist ein Thema, das letztlich darauf basiert, ob ich darauf vertraue, dass der Mundschutz gegen CORONA „funktioniert“. Das ist eine schwierige Frage.
Gehen wir die Sache mal von der anderen Seite an.
Der Mundschutz dient dazu, andere Menschen vor mir zu beschützen.
Erstaunlicherweise ist man sich recht einig in der Wissenschaft, dass er für diesen Zweck sehr gut geeignet ist. Also man weiß (oder glaubt zu wissen), dass die Teilchen die beim Ausatmen, Niesen, Husten oder Lachen in die Welt geschleudert werden, ziemlich gut abgehalten werden durch einen einfachen Mundschutz. Also würde es reichen, wenn nur derjenige einen Mundschutz, trägt der Corona-positiv ist. Dies sind ja nicht viele. Wir hätten also genug Mundschütze (oder heißt es Mundschutze?) für alle „Positiven“, und damit erledigt.“
Da man aber leider zu Beginn der Krankheit dies nicht weiß, sollte vielleicht jeder einen tragen?
Dies bedeutet für mich eigentlich, dass jeder der einen Mundschutz trägt ein Zeichen der Verantwortung gegenüber den anderen übernimmt. Er zeigt, dass er die Situation ernst nimmt, seine Mitmenschen schützen möchte und versucht die schnelle Ausbreitung, und dies ist ja die eigentliche Gefahr, zu verhindern.
Hübsch ist er definitiv nicht, kommunikativ noch weniger. Vielleicht bringt er objektiv überhaupt nichts, weder zum eigenen Schutz noch zum Schutz der anderen.
Aber ein sichtbares Zeichen, der Solidarität, dass man die Sache ernst nimmt, andere schützen möchte, ist es am Ende dann eben doch.
Und ehrlicherweise ziehe ich den Munschutz auch nicht immer auf (so wie mein Fahrradhelm, für kurze Strecken brauch man ihn ja nicht)
Auch wenn man es gefühlt nicht mehr hören kann. Bleib gesund und freu mich auf deinen nächsten Eintrag.
Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar, Ralf!
Eine sehr gute Nutzung der HomeOffice-Zeit. Wenn wir bei solchen kontroversen Themen üben, einander zuzuhören und zu verstehen, ist das doch schon ein großer Gewinn.