Die dritte Corona-Welle ist fast verebbt und in fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens wird erleichtert durchgeatmet und erwartungsvoll nach Vorne geschaut. In Richtung einer Normalität, oder besser: einer Wiederherstellung des bis März 2020 gewohnten Lebens.
Aber es ist auch die Zeit der Rückschau, der Einschätzung und Bewertung von Maßnahmen, die zur Eindämmung der Pandemie und zum Gesundheitsschutz getroffen wurden. Dabei hat kurzem der Bundesrechnungshof „unerwünschte Mitnahme-Effekte“ kritisiert. Es geht unter anderem um die Kompensation von Apotheken und Krankenhäusern für deren Einsatz zum Beispiel bei der Verteilung der Masken oder Bereitstellung von Intensiv-Betten. Beides wurde ordnungsgemäß erledigt, und – weil die Vergütung mehr als großzügig war – konnte eben auch ordentlich Geld „mitgenommen“ werden.
Nun mag man fragen, warum von Seiten der Mitnehmenden keine Hinweise gekommen sind, dass der Vergütungsbetrag unnötig hoch sei und man an dieser Stelle doch Steuergelder sparen könne. Aber die Antwort liegt auf der Hand und jene auf dem Herzen: So funktioniert unser Gemeinwesen und unser Gewissen nicht! Wenn mir etwas – dazu von offizieller Seite – angeboten wird, dann darf ich zugreifen. Machen wir alle so – nur haben die Beträge halt unterschiedlich viele Stellen vor dem Komma.
Beim Griff zum Schnäppchen nehmen wir Prozente mit (die der Hersteller oder Produzent dann nicht bekommt); der Produzent nimmt die niedrigeren Herstellungskosten mit (die durch sinkende Löhne im Produktionsland kompensiert werden). Bei der Einkommen-steuererklärung nutzen wir die zahlreich vorhandenen – ganz legalen – Spartipps, um möglichst viel „rauszukriegen“; und mit entsprechender Findigkeit konnten auch Corona-Hilfen umfassend abgegriffen werden.
Mitnahme-Effekte – da geht es nicht um Betrug oder Erschleichung von Leistungen. Nein, man nimmt einfach mit, was angeboten wird. Vor sich selbst rechtfertigen lässt sich das allemal: „Das steht uns zu; wir sind auch mal dran; die anderen machen es genauso; selber doof, wer nicht kontrolliert, was damit passiert; wir werden ja sonst immer ausgenommen…“
Das ist nicht strafbar; und ob es verwerflich ist, darüber lässt sich streiten – zutiefst menschlich scheint es jedenfalls zu sein, das Mitnehmen.