Es ist nicht so, dass ich mit diesem Beitrag auf sie gewartet hätte, die zweite Corona-Welle. Dass ich so lange nichts auf den Bildschirm gebracht habe, lag eher am kräftigen Wellengang in meinem ganz persönlichen Leben. Von wegen „Zeit zum Schreiben“, wie ich noch am 21. Mai formuliert hatte…
Nun kehrt durch die neuen Einschränkungen des öffentlichen Lebens auch in meinem Leben wieder Ruhe ein; und ich fang einfach wieder an, zu schreiben:
Seit ich das erste Mal auf einer Nordseeinsel am Strand gestanden bin, üben Wellen eine große Anziehungskraft auf mich aus. Das Meer an sich ist großartig, aber wenn Bewegung in diese Unmengen an Wasser kommt, es lebendig wird, wild und ungestüm – dann kann ich mich gar nicht satt sehen. Und wenn dann noch die Außentemperatur stimmt, zieht es mich mit Macht hinein in die Wellen.
Da wir nahezu alljährlich unseren Urlaub an der Nordsee verbringen, konnte ich schon einige Erfahrungen beim Wellenbaden machen; trotzdem scheine ich nur bedingt aus den Vorjahreserlebnissen zu lernen. In meinem Eifer stürze ich mich bei der erstbesten Gelegenheit ins Wasser, meistere die ersten Wellen souverän, um kurz darauf von einer deutlich kraftvolleren Woge von den Füßen geholt und zu Boden gedrückt zu werden. So beginnt mein Nordseeurlaub traditionell mit Abschürfungen an den Gliedmassen und Salzwasser im Kopf.
Eine Welle kommt nie allein. Das lehrt schon der Blick über das Meer, wie es hin- und herwogt. Nun hat man für die Pandemie-Entwicklungen ausgerechnet diese Metapher ausgesucht. Bleiben wir im Bild, dann war die zweite Welle unausweichlich. Den Sommer haben wir im Wellental verbracht, aber jetzt sehen wir die nächste Welle unaufhaltsam auf uns zukommen.
Ausgehend von meinen Erlebnissen in den Nordsee-Wellen gehe ich davon aus, dass wir nicht ohne Blessuren durchkommen werden. Wie sollten wir auch – ist ja unser erstes Corona-Pandemie-Jahr und wir können nicht mal auf Erfahrungswerte zurückgreifen (die in meinem Fall erst im Nachhinein zu kurzlebigen Erkenntnissen geführt haben). So muss wohl zwangsläufig jeder auf seine Weise und an seinem Platz herausfinden, wie er am besten mit der Welle klarkommt. Dass wir einander bei diesen mitunter bizarren Versuchen immer wieder fassungslos zuschauen, ist wohl ebenso unvermeidlich.
Um bei hohen Wellen überhaupt ins Meer und damit auf die Welle zu kommen, muss man übrigens in sie hinein- und durch sie hindurchtauchen. Das braucht einiges an Mut – ist aber der einzige Weg.