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Corona-Zeiten

Abstand Halten

Seit dem Wochenende sind wir angehalten, bei allen Interaktionen in der Öffentlichkeit auf einen angemessenen Abstand zueinander zu achten. Mindestens ein, aber besser zwei Meter sollen es sein.

Die große Mehrheit hält sich daran und so ergeben sich ganz neue Formen der Begegnung: Ich achte mehr auf die Menschen, die um mich herum sind. Das wiederum ist deutlich einfacher, weil es nicht mehr viele sind, die sich mit mir zur gleichen Zeit am gleichen Ort befinden. Und indem ich auf den Abstand achte, nehme ich gleichzeitig den Anderen genauer wahr. Der Mann, der gestern extra wartete, bis ich aus dem Hofladen gekommen war, trug eine grasgrüne Jacke und ein freundliches Lächeln im Gesicht. Die junge Frau, die joggend an mir vorbeilief, war ganz in schwarz gekleidet und in guter Laufform. „Früher“ hätte ich das nicht zur Kenntnis genommen.

Ob es nur mir so vorkommt, oder schauen wir uns in diesen Tagen alle direkter ins Gesicht, bereit zu lächeln, zu grüßen oder sogar ein kurzes Wort zu wechseln?

Was sehen wir, wenn wir einander mit gebührendem Abstand begegnen? Sehen wir die Bedrohung – weil das Gegenüber den Virus in sich tragen könnte? Oder die Konkurrentin, die uns die Lebensmittel streitig macht?

Oder erkennen wir in den anderen doch unsere Gefährten auf unbekannten Terrain oder MitspielerInnen in einem verrückten Spiel mit unbekanntem Ausgang? Oder sehe ich ganz einfach einen Mitmenschen, der meinen Respekt verdient.

Ich entscheide, welche Brille ich tragen will.